Musik-Szene Hanau

Veröffentlicht auf von Club Numer One

 

Musik City Hanau

Back to the good old Fiefties

Einst Mekka der Rock'n'Roll-Szene – Ein Streifzug durch die Lokale. Die Blüte begann 1955 mit Live-Auftritten in der Nordbahnhofgegend.

 

Wir blicken zurück auf die Bar- und Clubscene der Garnisionsstadt Hanau, wo zwischen 1955 und 1965 wirklich so richtig was los war! Die tollsten und besten Bands spielten seinerzeit in Hanau, sogar Frankfurt konnte nicht mithalten. Da war diese südhessische Kleinstadt so etwas wie ein „hessisches St. Pauli“, wo internationale Rockmusiker auftraten.

Und vor allem die Amerikaner waren an allem schuld. Rund 30.000 von ihnen waren nach dem zweiten Weltkrieg in und um Hanau stationiert. Doch die Amerikaner brachten nicht nur ihre Kultur, sondern auch eine Menge harter Dollars und wollten sich in ihrer Freizeit entsprechend amiesieren. Es entstanden Bars, Striptease-und Nachtclubs.

Jeden Abend Programm

Zwischen 1959 und 1964 waren es die wilden Indonesier die in Hanauer Clubs, nichts als Erstaunen, Verblüffung und pure Begeisterung beim Publikum hinterließen. Und tätsächlich, Bands wie die Tielman Brothers, Black Dynamites, The Javalins, The Crazy Rockers oder The Strangers beieinflussten mit ihrem eigenständigen, ja teilweise genialen Sound eine ganze Generation junger Musiker in den 60er Jahren. Was die Indo-Rocker musikalisch wie Showtechnisch ablieferten, war schlichtweg einzigartig und ihrer Zeit um Lichtjahrevoraus. Die Jungs rocken und beindruckten trotz aller Geschwindigkeit und Spielfreude mit einer nahezu perfekten Präzision.

Auch in Deutschland standen einige Rock'n'Roll Bands im Rampenlicht, man denke an „Fats and his Cats“, „The Gisha Brothers“, „Paul Würges“ oder „Mike Roger“. Die Besucher konnten sich allabendlich die Gruppen in den verschiedenen Bars anhören. Die Auswahl war so groß, dass man sich sogar an einem Abend zwei oder drei Gruppen anhören konnte. Die Gruppen wurden von den Lokalitäten, größtenteils für einen Monat verpflichtet. Ihr Auftritt in der Bar begann, je nach Engagement, ab 20 oder 21 Uhr. Auf durchschnittlich 45 Minuten Spieldauer, folgte eine Pause von 15 Minuten, danach tönte es aus der Musik-Box und wenn diese abgestellt wurde, war das ein Zeichen für die Bands, dass es musikalisch weiter gehen soll. Die Bands spielten in der Regel bis 2 oder 3 Uhr in der Früh. Am Sonntag ging es sogar Nachmittags weiter.

Die Entlohnung der Gruppen reichte bei weitem nicht aus um die Spezialanzüge, Instrumente, und Verstärkeranlagen zu bezahlen. Also ein schwerer und auch vor allem schlecht bezahlter Job.

Es begann etwa 1955 als die ersten Lokale in der Stadt mit Live-Musik anfingen. In der Sternstraße hieß der Treff „Stadt Hanau“ oder auch „Weiße Feder“ genannt. Weiterhin gab es „Zum Treffpunkt Stolzenfels am Hauptbahnhof und die „Nordbahn“ am Nordbahnhof“.

Bar auf Bar eröffnet

Hier fing alles an. Gegen 1958 ging es aber erst richtig los. Jetzt eröffnete Bar auf Bar. Die zweifellos weit über Hanau hinaus bekannteste Bar war die „Jolly“ in der Leipziger Straße.

Sie standen in keinem Rocklexikon, waren nie in den Charts, aber für viele waren sie wie die Götter! Die großen Stars Andy, Phonton, Loulou und Reggy Tielman. Sie sorgten mit ihrer furiosen, ekstatischen Show auch in Hanau für Staunen und offene Münder. Das Ungewöhnliche am Sound dieser Band rührte vom perfekten Zusammenspiel aller Instrumente her. Wer die „Tielman Brothers“ einmal gesehen hatte, ging immer wieder hin. Der Höhepunkt des Abends war die tolle Schau, mit den Erfolgstiteln „Black Eyes“ oder „My Maria“. Wer die „Tielman Brothers“ einmal gesehen hatte ging immer wieder hin. Viele Indo-Rocker spielten mit drei Gitarristen, die Tielman Brothers sogar mit fünf. Dazu stimmte man die Fender Jazzmasters um ein oder zwei Töne tiefer. Andy war mit einer sechsseitigen um mit vier zusätzlichen Bass-Saiten ausge-stattet. Dieser wirklich harte Klang, wurde von keiner anderen Band erreicht. Man musste am Wochenende lange anstehen, um überhaupt in der Bar einen Platz zu bekommen. Auch andere Gruppen wie die Indo-RockerBlack Dynamits“, „Strangers“, oder aus München „Paul Würges“und „Ladie Geisler“ waren ebenfalls erfolgreich.
Nur etwa 500 Meter in Richtung Innenstadt befand sich das „Bernhards-Eck“. Hier zählten zu den Topstars die „Crazy Rockers“. Höhepunkt ihrer Schau, war der besondere Auftritt von Schlagzeuger „Sidney“ mit der Erfolgsnummer „Crazy Love“. Oder auch die Hölländer „Rene and his Alligators“, die im im Stil der „Ventures oder Shadows“spielten. Auch die englische Gruppe „Sony Stewart & the Dynamos“ mit SängerJimmy Ducombe“, er hätte später als „Jimmy and the Rackets“ grossen Erfolg.

  Im Zentrum der City lag die Krämerstraße mit der„City und der Moonlight Bar“. In der City traten auch die Hanauer Gruppen „Gisha Brothers und Twens“ auf. Hier kamen die Band überwiegend aus England und Schottland. „Pete Chester Group“ mit Klavierspieler „Chris Andrews“ oder die „Fleeds“ zogen die Leute an. Der grosse Geheimtipp waren die Indo-Rocker „The Javalins“. Aber auch die „Gisha Brothers“, „Taifuns“ oder „Mike Roger and the Magic Tones“ und vor allem die Hanauer „Twens“ waren sehr erfolgreich.

Nur wenige Meter neben der „City“ befand sich die „Moonlight Bar“,eine kleine, dunkle schlauchartige Bar. Hier arbeiteten die schönsten Animier-Mädchen. So mancher Wochenlohn wurde hier ausgegeben. Es spielten hier weniger bekannte Bands. Aber die Musik war trotzdem grosse Klasse.

Am Heumarkt ging man die „POST-Bar“. Jeden Mittwoch spielten die „Globetrotters“ oder die „Misfis“ zum Rock and Roll-Preistanz. Er gewann fast jeden Wettbewerb „Gummi-Karl“ - er wurde von seinen Freunden und Bewunderern wegen seiner akrobatischen Verrenkungen, Spagatsprüngen und fantastischer Beinarbeit bewundert.

In der „Kartaune“ am Heumarkt war für die reifere Jugend die Band von „Ewald Bayer“ im Einsatz.

Blick in die Lamboygegend
Direkt an der Kinzigbrücke befand sich die berüchtigte „Atlanik Bar“, diese Bar wurde überwiegend von schwarzen GI besucht. Als Deutscher musste man schon etwas Mut haben, um überhaupt die Bar zu besuchen. Die Gruppen „Shorty Miller“ oder „The Travel Five“zählten zu den Stars.

Die „Charlie-Star-Bar, später hieß sie „Eden-Bar“ befand sich fast direkt neben den Kasernen. Im Sound von Fats Domino oder Louis Prima waren „Fats and his Cats“ sehr erfolgreich. Auch der kleine „Casey Jones“

aus Liverpool war ein Top-Star. Bei seiner Schau standen die Leute auf den Stühlen.

Herrliche Zeiten

In Hanau gab es auch eine Reihe von sehr guten US-Clubs.Im Lamboy der „Skyline-Club“. Im Club fanden in der Woche 3 bis 4 Veranstaltungen statt. Vom Rock and Roll, Country bis zum R&B reichte der Musikstiel. The Everly Brothers, Duane Eddy, Bobby Vee, Freddy Fender, The Drifters, Ben E. King, Tommy Overstreet, Jackie Wilson, Bobby Rydell hießen u.a.die Stars. Auch Bill Haley and the Comets traten auf.

Übrigens gab es in Hanau-Wolfgang noch den „Pioneer Club und den Roseland Club“.

 

Wer das große Glück hatte und um etwa1940 – 1944 geboren wurde, konnte diese einmalige Zeit erleben.

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H
Ich bin 1947 geboren und war erste Mal im Dezember 1960 mit zwei Freunden - die beide schon lange tot sind - in der Moonlight-Bar. Fasziniert und mit einer Mischung aus Angst und grenzenlosem Staunen habe ich das damals Gesehene aufgesaugt! Seit damals hat mich Hanau und seine Bars nicht mehr losgelassen. Ab 1963, mit Mopedführerschein auf einer Kreidler und <br /> mit Freund, der schon 1960 dabei war, regelmäßig nach Hanau gesaust. <br /> Zuerst in die Eden-Bar, dann in die Moonlight-Bar und dann in den Yachtclub! Mannmannmann das waren Zeiten! Dann ab 1965 Freitagabend mit dem Auto meines Bruders nach Hanau. Paps Place, Skyline-Bar, im Henninger.Pick, bei dem Dicken hinter Theke, Würstchen gegessen und weiter gings!<br /> Unvergessene Zeiten! Den Gummi-Karl habe ich auch kennengelernt, allerdings in der "Stadt Hanau" in Großkrotzenburg. Der hatte unwahrscheinlich blaue Augen, was wohl aus dem geworden ist?<br /> Dann, muss so um 1970/71 gewesen sein, in eine Schießerei in der Krämerstraße geraten. Wurde einer erschossen, ich habe zuerst gedacht das wäre ein US-Soldat, weil der eine Uniform anhatte, war aber ein Deutscher. Der hatte auf seiner Brust nur zwei kleine Blutflecken, war aber mausetot.<br /> <br /> Und heute?<br /> <br /> IT´S ALL OVER.
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E
als 1948er habe ich bereits die Bars ab 1963 abgeklappert. Selten unter der Woche; dafür intensiv an den Wochenenden.<br /> Als kfm. Lehrling verdiente ich relativ gut und konnte mir das eine oder andere Bier leisten.<br /> Gerne hielt ich mich in der Moonlite (nicht "Moonlight") auf. In die City führten mich i.d.R die Gishas. Dann ging es in Richtung Lamboy zur Eden-Bar wenn Mike Roger oder Casey Jones spielten. Aber auch weiter Richtung "Barracks" ins Maxim, wo es zwar klein aber fein war. Tolle Bands spielten auch dort. Regelmäßig deckte ich mich im NCO-Club "Skyline" mit Zigaretten ein. Ohne Probleme erhielt ich Zigaretten für nur 1,-- DM (deutsch 1,75 DM) und bekam, im Gegensatz zu US-Jugendlichen, problemlos Einlass. Dort bekam ich einige der im Artikel genannten Stars zu sehen. Getrunken hatte ich dort gerne CC-7 (CanadianClub mit Seagram7) - reichlich im Glas aus dem Handgelenk eingeschänkt für nur 1,-- DM.<br /> Nicht nur die 1940-1944er hatten das große Glück! Auch ich als 1948er! Mensch - war das eine schöne Zeit.<br /> Want you tell me where have all the good times gone?
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